Landesplanung

Stand: März 2025

Auf dieser Seite möchte ich einen kurzen Überblick über rechtliche Grundlagen, den Aufbau der Landesplanung und erfolgte bzw. noch ausstehenden Änderungen der laufenden Legislaturperiode geben. Denn Landesplanung ist alles andere langweilig. Mir ihr stellen wir die Weichen für ein zukunftsfähiges NRW auf dem Weg zum klimaneutralen Industrieland, das die natürlichen Lebensgrundlagen schützt.

Was ist Landesplanung?

Quelle: Ministerium für Wirtschaft, Industrie, Klimaschutz und Energie, Landesentwicklungsplan. (https://www.wirtschaft.nrw/system/files/media/document/file/20220915-lesefassung-lep.pdf)

Der Landesentwicklungsplan (LEP) legt, wie der Name schon sagt, fest, wie sich unser Land entwickeln soll. Dieser Plan besteht aus verbindlichen Zielen sowie Grundsätzen, die in der nachfolgenden Regionalplanung sowie der kommunalen Bauleitplanung berücksichtigt werden müssen. Die Ziele und Grundsätze umfassen verschiedenste Politikbereiche von der Siedlungsentwicklung (nicht nur Wohnen, sondern auch Gewerbe und Industrie) über Infrastruktur bis zu Natur- und Freiraumschutz oder dem Rohstoffabbau. Diese verschiedenen Nutzungsansprüche müssen im LEP bestmöglich abgewogen und miteinander vereinbart werden. Die Frage, wie wir die begrenzte Fläche, die uns in NRW zur Verfügung steht, nutzen wollen und welche Ziele dabei beachtet werden, wird also über den LEP beantwortet. Er ist das zentrale Instrument der Raumordnung in NRW.

Die Landesplanung ist beim Ministerium für Wirtschaft, Industrie, Klimaschutz und Energie (MWIKE) angesiedelt, das von der stellvertretenden Ministerpräsidentin und Ministerin Mona Neubaur (GRÜNE) geführt wird. Die Landesplanungsbehörde erstellt nicht nur die Pläne der Landesplanung, sie ist auch Genehmigungsbehörde für die Regionalplanung und zuständig für weitere Aufgaben, wie beispielsweise Zielabweichungsverfahren.

Bei Neuaufstellungen oder Änderungen im LEP erstellt die Landesplanungsbehörde zunächst im Einvernehmen mit den weiteren betroffenen Landesministerien einen Entwurf. Dieser Entwurf wird dann öffentlich ausgelegt und in ein Beteiligungsverfahren gegeben. Während dieser Zeit hat die Öffentlichkeit (z.B. Kommunen, Wirtschafts- und Naturschutzverbände) die Möglichkeit, Stellungnahmen zum Entwurf abzugeben. Zusammen mit einem Bericht über die Aufstellungsverfahren, inklusive des Umgangs mit Stellungnahmen, wird der LEP-Entwurf anschließend dem Landtag zugeleitet. Am Ende wird der Landesentwicklungsplan von der Landesregierung mit Zustimmung des Landtags als Rechtsverordnung beschlossen. Die gesetzlichen Grundlagen hierzu sind im Landesplanungsgesetz sowie im Raumordnungsgesetz des Bundes festgehalten.

Der erste LEP für ganz Nordrhein-Westfalen wurde 1995 aufgestellt, zuvor wurde lediglich in sachlichen Teilabschnitten geplant. Im Jahr 2017 erfolgte nach langer Phase der Erarbeitung unter grüner Regierungsbeteiligung eine Neuaufstellung. Ein geltender LEP muss aber nicht komplett neu aufgestellt werden, sondern kann auch an ausgewählten Stellen geändert werden. So hat beispielsweise unsere schwarz-gelbe Vorgängerregierung 2019 Änderungen am LEP vorgenommen. Für die laufende Legislaturperiode haben wir als GRÜNE mit der CDU einige weitreichende Änderungen vereinbart, die wir in zwei aufeinanderfolgenden Änderungsverfahren umsetzen werden. Das erste Änderungsverfahren ist bereits abgeschlossen.

 

Was ändert sich?

Erstes* Änderungsverfahren

Das erste* Änderungsverfahren betrifft vor allem den Ausbau der erneuerbaren Energien. Der Änderungsentwurf der Landesplanungsbehörde ist nach Durchlaufen des offiziellen Verfahrens inklusive der Öffentlichkeitsbeteiligung und einer Anhörung im März 2024 vom Landtag beschlossen worden.

Dieses Änderungsverfahren legt den Schwerpunkt auf den Ausbau der Erneuerbaren Energien. Die besondere Dringlichkeit von Klimaschutz und Energiesicherheit sowie bundesrechtliche Vorgaben (Wind-an-Land-Gesetz) erfordern diese zügige erste Teiländerung.

Die Änderungen des LEP umfassen vor allem folgende zentrale Punkte:

  1. Windenergie
  • Definition von Teilflächenzielen für die Ausweisung von Windenergiegebieten in den einzelnen Planungsregionen (= Regierungsbezirke und Regionalverband Ruhr) und Festlegung, bis wann diese Ziele zu erreichen sind. Die Verteilung der Flächenziele auf die Planungsregionen erfolgt auf Grundlage der Flächenanalyse Windenergie NRW. Bis 2025 sollen 1,8% der Landesfläche als Windenergiegebiete in den Regionalplänen ausgewiesen sein. Dazu werden die Regionalpläne parallel zum LEP geändert. Damit erreicht NRW die Vorgaben des Bundes sieben Jahre früher als verlangt.
  • Ermöglichung der Windenergienutzung im Nadelwald und in sogenannten BSN-Gebieten (Bereichen für den Schutz der Natur), sofern diese nicht fachrechtlich geschützt sind. Ausgenommen sind also Naturschutzgebiete, Nationalparke, Nationale Naturmonumente, Naturwaldzellen, Wildnisentwicklungsgebiete sowie Natura 2000-Gebiete.
  • Die planerische 1500-m-Abstandsregelung für Windenergieanlagen wird gestrichen.
  • Windenergienutzung in Gewerbe- und Industriegebieten wird ermöglicht und muss bei der kommunalen Bauleitplanung zwingend geprüft werden.
  1. Solarenergie
  • Die Flächenkulisse für Freiflächen-Solarenergie wird erweitert. Grundsätzlich sind sogenannte raumbedeutsame (“große”) Freiflächen-Solaranlagen überall im Freiraum möglich, wenn der Standort mit den sonstigen festgelegten Schutz- und Naturfunktionen vereinbar ist. Ausgenommen sind regionalplanerisch festgelegte Waldbereiche (also auch Kalamitätsflächen) und Bereiche zum Schutz der Natur.
  • Agri-PV: auf hochwertigen Ackerböden dürfen nur spezielle Agri-Photovoltaikanlagen (Agri-PV) und keine “klassischen” Freiflächen-Solaranlagen geplant werden, um diese wertvollen Flächen zu schützen. Auch auf anderen Flächen, die für die Landwirtschaft eine besondere Bedeutung aufweisen, sollen im Rahmen der Gesamtabwägung nur Agri-PV-Anlagen errichtet werden.
  • Zur Steuerung des Ausbaus von Freiflächen-Solaranlagen wird eine Priorisierung von Flächen festgelegt, auf denen Freiflächen-Photovoltaik vorrangig geplant werden soll. Dazu gehören vor allem geeignete Brachflächen, Halden, Deponien, und landwirtschaftlich benachteiligte Gebiete und Bereiche um Windenergieanlagen. Außerdem sollen auch Flächen an Straßen vorzugsweise genutzt werden, dabei vorrangig in 500 m Abstand zu Bundesfernstraßen und überregionalen Schienenwegen, dann die entsprechenden Korridore um Landesstraßen und schließlich zuletzt 200 m-Korridore um andere Straßen und Schienen. Außerdem sollen die Anlagen möglichst nicht alleinstehend im Freiraum, sondern anschließend an bestehende Bebauung oder Infrastruktur geplant werden.
  • Die Nutzung von Freiflächen-Photovoltaik ist grundsätzlich auch in Windvorranggebieten möglich, wenn die Windenergienutzung nicht beeinträchtigt wird.

 

Zweites* Änderungsverfahren

In einem zweiten Änderungsverfahren werden die verbleibenden Vereinbarungen aus dem Koalitionsvertrag und ein Antrag der regierenden Fraktionen von CDU und GRÜNEN zum LEP umgesetzt. Nachdem die Landesregierung bereits im Sommer 2023 die Eckpunkte für diese Änderung vorgestellt hat, hat sie im März 2025 nun einen Änderungsentwurf vorgelegt. Das Verfahren hat sich insbesondere deshalb verzögert, weil es im März 2024 ein weitreichendes Urteil des Oberverwaltungsgerichts Nordrhein-Westfalen gab. Das Gericht hat große Teile einer LEP-Änderung aus der Regierungszeit der schwarz-gelben Vorgängerregierung (2019) für unwirksam erklärt. Dadurch ergab sich für die oben beschriebene 2. Änderung des LEP eine neue Ausgangslage, die es zu berücksichtigen gilt.

Das sind die zentralen Punkte der geplanten Änderungen:

  • 5 Hektar-Grundsatz: Zukünftig sollen in NRW täglich maximal 5 Hektar Fläche für Siedlungs- und Verkehrszwecke verbraucht werden. Das langfristige Ziel ist eine vollständige Flächenkreislaufwirtschaft (netto Null). Dieser nachhaltige Umgang mit der begrenzten Fläche ist unerlässlich zum Erhalt des wertvollen Freiraums, der Natur und landwirtschaftliche Nutzfläche.
  • Sand- und Kiesabbau soll auf das Nötige beschränkt und zukünftig reduziert werden. Auf der Grundlage eines noch zu entwickelnden Rohstoffmonitorings wird ein Degressionsfaktor entwickelt. Dadurch werden künftig weniger Bereiche für den Abbau von Kiesen und Sanden ausgewiesen.
  • Landwirtschaftliche Kernräume sind eine neu aufgenommene Kategorie im LEP, die sich durch besonders fruchtbare Flächen, günstige Agrar- und Betriebsstrukturen oder hochwertig spezialisierte landwirtschaftliche Nutzung auszeichnen. Diese Flächen sollen von anderweitigen Nutzungen freigehalten und für die Landwirtschaft gesichert werden.
  • Siedlungsentwicklung im Freiraum: Festlegungen zur Siedlungsentwicklung im Freiraum gehören zu den zentralen Punkten, die im o.g. OVG-Urteil gekippt wurden. Der neue Entwurf nimmt die früheren teilweise wieder auf, macht aber stärkere Einschränkungen. So ist das Bauen in Freiräumen nur unter bestimmten Bedingungen, wie z.B. Betriebserweiterung, Katastrophenschutz, Baufläche unter 5 Hektar in Anschluss an eine Siedlung möglich
  • Nachhaltige Mobilität: Der ÖPNV soll in zentralörtlichen Siedlungsbereichen Vorrang vor dem motorisierten Individualverkehr haben. Außerdem wird der Weg zu dem landesweiten Radvorrangnetz und Radschnellverbindungen geebnet, indem die künftigen Trassen planerisch gesichert werden.
  • Wald- und Naturschutz werden gestärkt. Bei einer Neufasssung der entsprechenden Ziele und Grundsätze werden Ausnahmen für Eingriffe in die Schutzgebiete restriktiver definiert. Konkret wird unter anderem festgelegt, dass Wald- und Naturschutzbereiche nur in Ausnahmefällen für spezielle Verkehrs- und Leitungstrasse sowie Betriebserweiterungen weichen dürfen.

Das sind die Kernpunkte des über 100-seitigen Entwurfs zur Überarbeitung des LEPs, der weit mehr Themen umfasst als hier dargestellt sind. Eine ausführlichere Darstellung findet sich in meiner Kommunalinfo auf der Website der GRÜNEN-Landtagsfraktion sowie im FAQ auf der Seite des NRW Wirtschaftsministeriums.

Vom 3. April bis zum 30. Juni findet nun ein Öffentliches Beteiligungsverfahren statt, bei dem alle Interessierten Stellungnahmen einreichen können. Je nach Umfang der dann folgenden Überarbeitung des Planentwurfs, kann es auch noch eine zweite Offenlage geben. Die finale Fassung der Änderung des Landesentwicklungsplans wird abschließend mit Zustimmung des Landtags beschlossen. Ziel ist, das Verfahren im Jahr 2026 abzuschließen.

* Ich spreche vom ersten und zweiten Änderungsverfahren und zähle dabei die Verfahren in dieser Legislaturperiode. Die Landesregierung spricht von der zweiten und dritten Änderung, weil sie eine Änderung der vergangenen Legislaturperiode mitzählt.

 

 

Weitere Infos im Zusammenhang mit der Landesplanung

Regionalplanungsbehörden

Eine wichtige Rolle für die Umsetzung der Landesplanung spielen die Regionalplanungsbehörden. In NRW sind das die fünf Bezirksregierungen sowie die Geschäftsführung des Regionalverbands Ruhr (RVR). Davon zu unterscheiden sind die regionalen Planungsträger, das sind die fünf Regionalräte und die Verbandsversammlung des RVR. Die regionalen Planungsträger stellen die Regionalpläne auf, die von den Regionalplanungsbehörden unter Beteiligung der Öffentlichkeit vorbereitet werden. NRW ist also insgesamt in sechs Regionalplanungsgebiete aufgeteilt.

Die erste LEP-Änderung in dieser Wahlperiode macht es erforderlich, dass die sechs Regionalpläne weitgehend zeitgleich geändert werden. Dies ist insbesondere für die Ausweisung der Windenergiegebiete zentral, deren konkrete räumliche Festlegung in den Regionalplänen erfolgt. Sobald die Verteilung der Flächenvorgaben auf die sechs Planungsregionen feststeht, starten also die darauf aufbauenden Regionalplanverfahren in den sechs Regionen. Auch bei der Aufstellung von Regionalplänen wird verpflichtend die Öffentlichkeit beteiligt.

Untere Planungsebene

Die konkrete Umsetzung der landes- bzw. regionalplanerischen Vorgaben erfolgt auf kommunaler Ebene durch die Bauleitplanung. Dazu werden von den Städten und Gemeinden Flächennutzungspläne und Bebauungspläne aufgestellt, z.B. für neue Wohn- oder Gewerbegebiete aber auch für Sonderbauvorhaben wie Anlagen der Energieerzeugung, Sportanlagen oder Kliniken. Auch hierbei handelt es sich um mehrschrittige Verfahren, bei denen die Öffentlichkeit verpflichtend zu beteiligen ist.

Die kommunalen Planungsträger, also die Stadt- und Gemeinderäte, verfügen innerhalb ihres Gebietes über die Planungshoheit und genießen dabei viele Freiheiten, so lange sie sich an die Vorgaben der Landes- und Regionalplanung halten. Änderungen am Flächennutzungsplan müssen daher stets durch die Regionalplanungsbehörden genehmigt werden, bevor sie wirksam werden.

Leitentscheidungen

Ein besonderes Instrument innerhalb der Landesplanung ist die sogenannte Leitentscheidung. Mit einer Leitentscheidung legt die Landesregierung die Grundlage für die Aufstellung oder Änderung von Braunkohleplänen. So wurde beispielsweise 2016 von der damaligen rot-grünen Landesregierung in einer Leitentscheidung die Verkleinerung des Tagebaus Garzweiler II beschlossen. Aktuell gilt noch die Leitentscheidung von 2021, in der die damalige schwarz-gelbe Landesregierung den Braunkohleausstieg für das Jahr 2038 festgelegt hatte. Im Zuge der Entscheidung, dass Nordrhein-Westfalen schon 2030 aus der Kohle aussteigen wird und die fünf Dörfer Keyenberg, Unter- und Oberwestrich, Kuckum und Berverath am Rande des Tagebaus Garzweiler II erhalten bleiben, wird die jetzige Landesregierung wiederum eine neue und somit letzte Leitentscheidung vorlegen, die den Kohleausstieg 2030 auch landesplanerisch umsetzt.