Kommunalfinanzen
Stand: Januar 2025
Der Zustand der Finanzen in unseren Kommunen macht in den letzten Monaten und Jahren nicht nur, aber doch ganz besonders in NRW zurecht immer wieder Schlagzeilen. Dass immer mehr Kommunen kaum noch Spielräume in ihren Haushalten haben und gleichzeitig immer mehr und höhere Kredite (zunehmend auch wieder problematische Kassenkredite zur Finanzierung laufender Ausgaben) aufnehmen müssen, hat große Auswirkungen auf den Alltag vieler Menschen. Vor Ort muss an vielen, oft schmerzhaften Punkten Geld eingespart werden – von der Schließung von Schwimmbädern über weniger Kulturangebote bis hin zu höheren Beiträgen für z.B. Kitas oder dem Verzicht auf notwendige Sanierungen von Schulgebäuden oder Straßen. Wenn die Kommunen ihren Aufgaben nicht mehr nachkommen können und in der Folge zum Beispiel immer weniger Kinder schwimmen lernen oder die Schlaglöcher vor der eigenen Haustür immer größer werden, kann das durchaus dazu führen, dass Menschen das Vertrauen in das Funktionieren unseres Staates verlieren.
Dabei sind die Kommunen aber in den meisten Fällen gar nicht selbst für ihre schlechte finanzielle Lage verantwortlich. Um zu verstehen, weshalb es sich um ein strukturelles Problem handelt und die Kommunen chronisch unterfinanziert sind, hilft ein Blick auf die wichtigsten Finanzierungsmechanismen der Kommunen:
- Anteil an Gemeinschaftsteuern: Die sogenannten Gemeinschaftsteuern (z.B. die Steuern vom Einkommen, Umsatzsteuer) werden nach einem gesetzlich festgelegten Schlüssel zwischen Bund, Ländern und Kommunen aufgeteilt. Derzeit erhalten die Kommunen in Deutschland etwa12 Prozent der Einkommens-, 15 Prozent der Kapitalertrags- und 2 Prozent der Umsatzsteuer.
- Kommunale Steuern & Gebühren: Kommunen erheben sowohl von Bürgerinnen und Bürgern als auch von ansässigen Unternehmen Steuern. Viele, insbesondere wirtschaftsstarke Kommunen finanzieren sich zu einem Großteil über diese Steuereinnahmen. Zu den wichtigsten kommunalen Steuern gehören die Gewerbe- und die Grundsteuer. Die Höhe dieser Steuern und damit ihrer Einnahmen können die Kommunen über die Anpassung der Hebesätze selbst steuern. Daneben können Kommunen auch bestimmte örtliche Verbrauch- und Aufwandsteuern (z.B. Hundesteuer, Zweitwohnsitzsteuer, Übernachtungsabgabe) erheben. Diese machen aber einen deutlich geringeren Anteil an der Finanzierung der Kommunen aus.
- Kommunaler Finanzausgleich / Gemeindefinanzierungsgesetz: Da viele Kommunen ihre Aufwendungen nicht allein über eigene Steuereinnahmen decken können, werden sie jährlich an den Steuereinnahmen des Landes beteiligt. Das Land erhält einen bestimmten Anteil der Gemeinschaftsteuern (z.B. Lohnsteuer oder Umsatzsteuer) und verteilt wiederum einen Teil dessen an die Kommunen weiter. Zu diesem Zweck wird jährlich ein Gemeindefinanzierungsgesetz (GFG) aufgestellt, mit dem über einen sehr komplexen Schlüssel errechnet wird, welche Kommunen wie viel Geld erhalten. Circa 23 Prozent des Landesanteils an den Gemeinschaftsteuern fließen in das Gemeindefinanzierungsgesetz. Als kommunaler Finanzausgleich verfolgt es auch das Ziel, einen zumindest teilweisen Ausgleich in der Finanzkraft der Kommunen herzustellen.
- Förderprogramme, Zuweisungen, Konnexität etc.: Darüber hinaus fließt aber natürlich noch mehr Geld aus dem Land an die Kommunen, zum Beispiel aus diversen Förderprogrammen und anderen Zuweisungen. Ein Beispiel hierfür ist die Kita-Finanzierung, bei der Kommunen zum einen Gelder für den Ausbau erhalten, zum anderen einen Teil der Personal- und Sachkosten (sog. KiBiZ-Pauschalen) vom Land erhalten Insbesondere für spezielle Aufgaben, die den Kommunen übertragen werden, erhalten sie auch entsprechende Finanzmittel (sog. Konnexitätspflicht). Hierbei ist es oft kompliziert, denn der Bund, der ja viele Aufgaben „bestellt“ darf die Kommunen nicht direkt finanzieren, sodass meist noch ein Zwischenschritt über die Länder gegangen werden muss. So war es beispielsweise auch bei der Kommunalen Wärmeplanung.
Es gibt grundsätzlich viele Aufgaben und Leistungen, vor allem im Bereich der Sozialpolitik, die Kommunen, Bund und Länder gemeinsam finanzieren. Ein Beispiel hierfür sind die sogenannten „Hilfen zur Erziehung“. Das sind alle Unterstützungen für Familien, die selbst keine angemessene Erziehung gewährleisten können, von kurzfristigen Hilfsangeboten bis zur Unterbringung von Kindern in Pflegefamilien, Wohngruppen o.ä.. Oftmals werden solche Aufgaben bundesgesetzlich bestimmt und einmalig festgelegt, welche staatliche Ebene welchen Anteil an den Kosten tragen soll. In zu vielen Fällen wird aber nicht regelmäßig geprüft, ob diese Aufteilung noch fair und für alle leistbar ist. So gibt es mehrere Bereiche insbesondere in der Sozialgesetzgebung, bei denen der Kostenanteil der Kommunen in den letzten Jahren explodiert ist, die finanzielle Beteiligung des Bundes aber nicht in angemessenem Maße angepasst wurde.
Aktuell spitzt sich die Problematik der Kommunalfinanzen immer weiter zu. Ein ausgeglichener Haushalt ist in den NRW-Kommunen inzwischen zur Ausnahme geworden und immer mehr Städte und Gemeinden haben ihre Reserven aufgebraucht.1
Grund hierfür sind stark gestiegene Kosten auf der einen und nicht in ausreichendem Maße mitwachsende Einnahmen auf der anderen Seite. Die Kostensteigerungen sind zum einen durch wirtschaftliche Faktoren wie gestiegene Energiepreise nach dem Angriff Russlands auf die Ukraine oder deutlich höhere Personalkosten nach entsprechenden Tarifabschlüssen bedingt. Zum anderen zeigt sich aber auch, dass viele Anforderungen des Bundes an die Kommunen nicht ausreichend gegenfinanziert sind und, wie oben beschrieben, der Anteil des Bundes an verschiedenen sozialen Leistungen über Jahre oder gar Jahrzehnte nicht gestiegen ist, obwohl diese Leistungen faktisch deutlich teurer geworden sind. Diese Kostensteigerungen müssen die Kommunen derzeit allein tragen.
Auch für die ausbleibenden Einnahmen gibt es verschiedenste Ursachen: Von der grundsätzlich schwierigen konjunkturellen Lage, die dafür sorgt, dass die Gewerbesteuer vielen Kommunen nicht so viel Geld einbringt wie erhofft, bis zu steuerrechtlichen Veränderungen zulasten der öffentlichen Haushalte im Zuge der sog. Entlastungspakete. Die Einnahmen der Kommunen reichen somit bei weitem nicht aus, um alle ihre Kosten decken und notwendige Investitionen tätigen zu können. So ist bundesweit ein negativer Finanzierungssaldo entstanden, den die Kommunen nicht lange werden tragen können.
Gemeinsam mit meinem Kollegen Simon Rock bin ich daher der Meinung, dass zügig gegengesteuert werden muss und es strukturelle Veränderungen braucht. In einem Gastbeitrag, den wir der Fachzeitschrift „Der Neue Kämmerer“ veröffentlicht haben, haben wir fünf konkrete Forderungen für eine auskömmliche Finanzierung der Kommunen durch bundesgesetzliche Reformen formuliert.
Strukturelle Schieflagen im Finanzierungssystem gab es immer wieder, beispielsweise durch Steuerreformen in den 90er Jahren oder die Hartz-Reformen in den Nullerjahren. Einiges davon wurde wieder zurückgenommen, andere Härten konnten durch politische Initiativen abgefedert werden. Daher sind wir der Auffassung, dass sich auch die aktuelle Lage wieder drehen lässt und der Bund den Kommunen mit einigen maßgeblichen Veränderungen wieder Luft zum Atmen geben kann.
Viele historische Entscheidungen haben aber auch dazu beigetragen, dass die Kommunen bis heute unter ihren hohen Schulden aus vergangenen Zeiten leiden. Zur Lösung für diese Kommunalen Altschulden habe ich hier eine eigene Seite angelegt: https://robin-korte.de/altschuldenloesung.