Kurzinformationen zur Kommunalen Wärmeplanung
Überblick
Der überwiegende Anteil der Wärmeversorgung in Nordrhein-Westfalen wird derzeit noch mit fossilen Brennstoffen (insb. Gas und Heizöl) gedeckt. Die Transformation zu einer klimaneutralen Wärmeversorgung setzt daher nicht nur neue Technologien, sondern auch umfassende Investitionen voraus, die sich an den spezifischen Voraussetzungen vor Ort orientieren müssen. Auf diesem Weg kommt den Kommunen und ihrer örtlichen Planungskompetenz eine entscheidende Rolle zu.
In vielen Städten und Gemeinden wird der Einsatz erneuerbarer Energien für die Wärmeversorgung bestmöglich durch den Neubau und die Stärkung von Wärmenetzen sowie klimaneutraler Technologien zur Wärmegewinnung (z.B. Geothermie, Solarthermie, Umweltwärme) gelingen. Anderenorts sind individuelle Lösungen (z.B. Luft-Wärmepumpen) für Einzelgebäude der geeignetste Weg. Der jeweilige Transformationspfad wird dabei von unterschiedlichen, jeweils orts- und stadtteilspezifischen Parametern (z.B. Verfügbarkeit von Wärmequellen, Wohndichte, Gebäudealter und Sanierungsstandard, Nutzungsart) bestimmt.
Die Entwicklung eines Transformationspfads hin zu einer klimaneutralen Wärmeversorgung für die jeweilige Kommune setzt eine strategische Wärmeplanung voraus. Zweck der Kommunalen Wärmeplanung (KWP) ist somit die zielgenaue Planung der kommunalen Wärmeangebote und -bedarfe. Mit ihr sollen bestehende Potenziale für erneuerbare Energien und Energieeffizienz strategisch erschlossen, Investitionsentscheidungen koordiniert und quartiersbezogene Sanierungsprojekte zielgerichtet und effizient ausgerichtet werden. Sie soll die Gestaltung zukunftsfähiger Wärmenetze planbar und operationalisierbar machen, also zu Investitionsentscheidungen aus einer umfassenden Perspektive führen, die geeignetsten und wirtschaftlichsten Klimaschutzmaßnahmen sowie den passenden Mix aus Effizienzmaßnahmen und Wärmebereitstellung identifizieren und zugleich verhindern, dass durch unkoordiniertes Handeln „stranded assetts“ (= Anlagegüter, deren Wert unerwartet stark sinkt) entstehen.
Die Wärmewende ruft in vielen Kommunen derzeit Fragen hervor und stellt die Politik vor Ort vor große Herausforderungen. Daher möchte ich an dieser Stelle Informationen sammeln, die Antworten auf die drängendsten Fragen geben können. Momentan ist bei dem Thema vieles in Bewegung, daher werde ich die Informationen regelmäßig aktualisieren.
Aktuelle Entwicklungen in Bund und Land
Derzeit ist ein Bundesgesetz zur verpflichtenden Wärmeplanung für Kommunen in Arbeit. Der Erlass des Gesetzes ist für das dritte Quartal 2023 geplant. Damit wird die Erstellung eines Wärmeplans voraussichtlich für Kommunen ab 20.000 Einwohner*innen verpflichtend. Kommunen müssen dann innerhalb von drei Jahren eine kommunale Wärmeplanung abgeschlossen haben. Die genaue Ausgestaltung des Gesetzes steht aber noch nicht fest. Bisher liegt lediglich ein Diskussionspapier zur Stakeholderbeteiligung vor. Vorgesehen ist bisher, dass die Wärmepläne eine hohe rechtliche Verbindlichkeit haben und einheitliche Rahmenbedingungen auf Bundesebene zu schaffen, damit die Wärmewende zum Erfolg werden kann. Die Kommunen sollen durch das Bundesgesetz zur Erhebung der relevanten Daten (z.B. Gebäudedaten, Energieverbrauch) berechtigt werden. Die konkreten methodischen Empfehlungen und Vorgaben für den Prozess der Wärmeplanung sollen in dem Bundesgesetz einheitlich und nach wissenschaftlichen Standards festgelegt werden.
Die Verpflichtung der Kommunen wird dann durch die Länder erfolgen, womit auch Konnexitätspflichten ausgelöst werden. Das bedeutet, die verpflichteten Kommunen erhalten Geld vom Land, um Wärmepläne zu erstellen. Bis dahin wird zu entscheiden sein, ob sich die Pflicht auf die größeren Kommunen beschränkt oder ob auch Kommunen, deren Einwohner*innenzahl unter 20.000 liegt (immerhin 183 von 396 Städten und Gemeinden in NRW), unter Übernahme der Aufwendungen durch das Land verpflichtet werden. Sollten kleinere Kommunen nicht verpflichtet werden, so könnten diese auf freiwilliger Basis gefördert werden.
Die Koalition aus CDU und GRÜNEN in Nordrhein-Westfalen hat sich bereits im Koalitionsvertrag darauf geeinigt, die rechtlichen Voraussetzungen für die kommunale Wärmeplanung als informelles Planungsinstrument zur langfristigen Gestaltung der Wärmeversorgung zu schaffen.
Und während die Gesetzgebung in Bund und Land noch läuft, sind entsprechende Mittel bereits im Haushalt des Landes für 2023 und weitere Jahre eingestellt.
Das Land unterstützt außerdem bei der Bereitstellung relevanter Daten, die für die Kommunale Wärmeplanung genutzt werden können: Eine sehr gute Datengrundlage liefert das Wärmekataster des LANUV. Hier finden sich relativ fein aufgelöste Daten zu Standorten von Wärmequellen, zu vorhandenen Wärmenetzen, zum Wärmebedarf und zum Sanierungsstand.
Was können Kommunen tun, die bereits jetzt mit der Wärmeplanung beginnen wollen?
Noch ist die Wärmeplanung zwar nicht verpflichtend, trotzdem lohnt es sich für Kommunen bereits jetzt mit der Erstellung eines Wärmeplans zu beginnen. Zwar können aufgrund fehlenden Bundesrechts noch nicht alle notwendigen Daten zu Gebäuden und Energieverbräuchen durch die Kommunen selbst erhoben werden. Entsprechende Daten können aber beispielsweise aus dem o.g. Wärmekataster des LANUV entnommen werden, so dass in den Kommunen mit der Erarbeitung des Wärmeplans bereits begonnen werden kann. Die bundesweite Pflicht zur kommunalen Wärmeplanung soll so ausgestaltet werden, dass bereits geleistete Arbeit in den Kommunen berücksichtigt wird – wer jetzt beginnt, schafft also wertvolle Vorarbeit.
Ein zentraler Grund, warum es sich auch finanziell lohnt, jetzt loszulegen ist die aktuelle Förderung des Bundes. Im Rahmen der Kommunalförderrichtlinie der Nationalen Klimaschutzinitiative gibt es die Möglichkeit, kommunale Wärmeplanung gefördert zu bekommen. Die Fördersätze sind derzeit bei Antragstellung bis 31.12.2023 erhöht und liegen bei 90% (60% regulär) und für finanzschwache Kommunen und solche, die in Braunkohleregionen liegen, bei 100% (80% regulär) der für die Wärmeplanung entstehenden Kosten. Auch interkommunale Zusammenschlüsse können eine Förderung beantragen, was sich vor allem für kleinere Gemeinden lohnen kann. Mit der Förderung soll einerseits verhindert werden, dass Kommunen, die sich noch vor der gesetzlichen Verpflichtung auf den Weg machen, einen Nachteil erhalten und andererseits auch Kommunen unter 20.000 Einwohner*innen ermöglichen, ebenfalls eine kommunale Wärmeplanung durchzuführen.
Wo gibt es Beratung?
Informationen, Initialberatung und Hilfestellung bei Fördermitteln erhalten Kommunen bei NRW.Energy4Climate. Hier sind kurz und bündig aktuelle Förder- und Beratungsmöglichkeiten aufgeführt.
Unter der Federführung von NRW.Energy4Climate und in Kooperation mit dem Landesamt für Natur, Umwelt und Verbraucherschutz (LANUV) und dem Geologischen Dienst (GD) ist im März 2023 das das virtuelle Kompetenzzentrum Wärmewende in NRW gestartet. Auf der Homepage www.waermewende.nrw finden Kommunen sowie private und öffentliche Initiativen und Unternehmen zahlreiche Informationen und Unterstützungsangebote.
Weiterhin baut die Deutsche Energie-Agentur (dena) im Auftrag des BMWK das bundesweite Kompetenzzentrum Kommunale Wärmewende (KWW) in Halle auf. Dieses sammelt Fallbeispiele und bietet umfangreiche Beratungsleistungen an.
Aus welchen Schritten besteht eine kommunale Wärmeplanung?

Quelle: NRW.Energy4Climate
1. Bestandsanalyse
- Erstellung Energie- und Treibhausgasbilanz
- Darstellung und Quantifizierung des Wärmebedarfs
- Informationen zu Gebäuden (Alter, Effizienz, Versorgungs- und Beheizungsstruktur)
2. Potenzialanalyse
- Erhebung und Analyse vorhandener Potenziale (Wärme und Strom)
- Darstellung der Potenziale zur klimaneutralen Wärmeversorgung sowie für Energieeffizienzmaßnahmen (vor allem: Gebäudesanierung)
3. Szenarioerstellung
- Entwicklung eines Zielszenarios (mit Zwischenschritten) für eine treibhausgasneutrale Wärmeversorgung des Plangebiets
- Einbindung der kommunalen Akteur*innen
4. Wärmewendestrategie
- Erstellung eines Transformationspfads (Wärmeplan und Wärmewendestrategie)
- Einteilung des Gemeindegebiets nach Energieversorgungsart
- Maßnahmenkatalog (mit Priorisierung und Zeitplan)
5. Umsetzung
- Beschluss auf kommunaler Ebene (z.B. Gemeinderat)
- Umsetzung der Maßnahmen in Kooperation mit den lokalen Akteur*innen (Stadtwerke, Haushalte, Unternehmen, etc.)
Mit welchen Kosten ist für eine Kommune zu rechnen?
Erfahrungen aus Baden-Württemberg, wo die verpflichtende kommunale Wärmeplanung bereits seit 2020 im Klimaschutzgesetz verankert ist ist, zeigen, dass die Erstellung eines kommunalen Wärmeplans ganz grob geschätzt gut 1 €/Ew*in kostet (Stand 2022). In der Kommunalrichtlinie über die derzeit kommunale Wärmeplanung gefördert wird, ist kein Betrag genannt. Nach Angaben von NRW.Energy4Climate kommuniziert der Fördergeber derzeit aber eine Schätzung von 2 bis 5 € pro Einwohner*in.
Grundsätzlich geht das Bundeswirtschaftsministerium davon aus, dass die Kosten-Nutzen-Relation sich mit der Gemeindegröße verbessert. Ggf. können mehrere kleinere Kommunen durch eine gemeinsame Wärmeplanung hier Vorteile sowohl bei den Planungskosten als auch bei der Optimierung der (interkommunalen) Wärmeversorgung durch Synergieeffekte erzeugen. Auch kann die gemeinsame Planung von Städten mit ihren Umlandgemeinden sinnvoll sein, um alle Potenziale zu heben.
Wo sind weitere Informationen zu finden?
- Kompetenzzentrum Wärmewende (NRW)
- Leitfaden zur Kommunalen Wärmeplanung (Baden-Württemberg)
- Kommunale Wärmeplanung (difu)
- Kommunale Wärmeplanung (NRW.Energy4Climate)
- Kommunale Wärmeplanung (Stand des Beratungsprozesses; BMWK)
- Kommunalförderrichtlinie (NKI)
- Kompetenzzentrum Kommunale Wärmewende (Bund)
- Grundkurs KWP 1 (Böll-Stiftung; YouTube)
- Grundkurs KWP 2 (Böll-Stiftung; YouTube
FAQ
Wer führt die kommunale Wärmeplanung durch?
Die kommunale Wärmeplanung kann sowohl durch die kommunale Verwaltung (Planungsamt/Umweltdezernat etc.) als auch durch externe Dienstleister*innen durchgeführt werden. Der Umfang der Fremdvergabe richtet sich nach den Kapazitäten und Kompetenzen der Verwaltung. Eine Fremdvergabe mindestens von Teilen der Wärmeplanung ist daher zu prüfen. Die kommunalen Stadtwerke sollten in beiden Fällen unbedingt mit einbezogen werden, um die Planung zu beschleunigen. Grundsätzlich ist eine breite Stakeholder-Beteiligung wichtig.
Ist für die Erstellung der KWP ein Ratsbeschluss notwendig?
Nicht zwingend. Es wird allerdings dringend empfohlen, den politischen Rückhalt für etwaige Folgebeschlüsse (z.B. Haushaltsmittel, Satzungsbeschlüsse) frühzeitig zu sichern. Derzeit wird auf Bundesebene noch diskutiert, welche rechtliche Stellung die kommunale Wärmeplanung hat.
Können auch Kreise eine Förderung beantragen bzw. die kommunale Wärmeplanung ausführen?
Prinzipiell ja. Wichtig ist allerdings zu beachten, dass entweder eine Kommunale Wärmeplanung auf Kreis- oder auf kommunaler Ebene geschehen sollte und eine gute Koordinierung notwendig ist. Außerdem sollte nicht aus den Augen verloren werden, dass sich eine gemeinsame Planung auch auf die Förderung auswirkt (Antragsstellung, Fördergeldempfänger*in). In Niedersachsen haben die Landkreise Emsland und Friesland Wärmeplanungen durchgeführt.
Hinweis: Die Angaben sind ohne Gewähr und ersetzen keine fachliche Beratung. An dieser Stelle soll aber ein erster Überblick über ein zentrales Thema des Klimaschutzes gegeben werden.
Sollten Sie weitere Fragen zur Kommunalen Wärmeplanung oder zum aktuellen Stand des Gesetzgebungsprozesses haben, dürfen Sie sich gerne an mich bzw. mein Büro wenden.
Stand: April 2023
Spezielle Infos für unsere Fraktionen in den Kommunen haben mein Kollege Michael Röls und ich in einer Kommunalinfo zusammengestellt: https://robin-korte.de/kommunalinfo-waermeplanung